(ebook - german) Hoffmann, Germanistyka, Literatura niemieckojęzyczna

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E.T.A. Hoffmann
Das Fräulein von Scuderi
Eine Erzählung aus dem Zeitalter Ludwigs XIV.
© 2000 dibi GmbH
eBook-Edition
In der Straße St. Honoré war das kleine Haus gelegen,
welches Magdaleine von Scuderi, bekannt durch ihre an-
mutigen Verse, durch die Gunst Ludwigs XIV. und der
Maintenon, bewohnte.
Spät um Mitternacht – im Herbste des Jahres 1680 – wur-
de an dieses Haus hart und heftig angeschlagen, daß es
im ganzen Flur laut widerhallte. – Baptiste, der in des
Fräuleins kleinem Haushalt Koch, Bedienten und Türste-
her zugleich vorstellte, war mit Erlaubnis seiner Herrschaft
über Land gegangen zur Hochzeit seiner Schwester, und
so kam es, daß die Martiniere, des Fräuleins Kammerfrau,
allein im Hause noch wachte. Sie hörte die wiederholten
Schläge, es fiel ihr ein, daß Baptiste fortgegangen und sie
mit dem Fräulein ohne weitern Schutz im Hause geblieben
sei; aller Frevel von Einbruch, Diebstahl und Mord wie er
jemals in Paris verübt worden, kam ihr in den Sinn, es
wurde ihr gewiß, daß irgend ein Haufen Meuterer, von der
Einsamkeit des Hauses unterrichtet, da draußen tobe, und
eingelassen ein böses Vorhaben gegen die Herrschaft
ausführen wolle, und so blieb sie in ihrem Zimmer zitternd
und zagend und den Baptiste verwünschend samt seiner
Schwester Hochzeit. Unterdessen donnerten die Schläge
immer fort, und es war ihr, als rufe eine Stimme dazwi-
schen: So macht doch nur auf um Christus willen, so
macht doch nur auf! Endlich in steigender Angst ergriff die
Martiniere schnell den Leuchter mit der brennenden Kerze
und rannte hinaus auf den Flur; da vernahm sie ganz deut-
lich die Stimme des Anpochenden: Um Christus willen, so
macht doch nur auf! In der Tat, dachte die Martiniere, so
spricht doch wohl kein Räuber; wer weiß, ob nicht gar ein
Verfolgter Zutritt sucht bei meiner Herrschaft, die ja ge-
neigt ist zu jeder Wohltat. Aber laßt uns vorsichtig sein! –
Sie öffnete ein Fenster und rief hinab, wer denn da unten
in so später Nacht so an der Haustür tobe und alles aus
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dem Schlafe wecke, indem sie ihrer tiefen Stimme so viel
Männliches zu geben sich bemühte, als nur möglich. In
dem Schimmer der Mondesstrahlen, die eben durch die
finstern Wolken brachen, gewahrte sie eine lange, in einen
hellgrauen Mantel gewickelte Gestalt, die den breiten Hut
tief in die Augen gedrückt hatte. Sie rief nun mit lauter
Stimme, so, daß es der unten vernehmen konnte. Bapti-
ste, Claude, Pierre, steht auf, und seht einmal zu, welcher
Taugenichts uns das Haus einschlagen will! Da sprach es
aber mit sanfter, beinahe klagender Stimme von unten
herauf! Ach! la Martiniere, ich weiß ja, daß Ihr es seid, lie-
be Frau, so sehr Ihr Eure Stimme zu verstellen trachtet,
ich weiß ja, daß Baptiste über Land gegangen ist und Ihr
mit Eurer Herrschaft allein im Hause seid. Macht mir nur
getrost auf, befürchtet nichts. Ich muß durchaus mit Eurem
Fräulein sprechen, noch in dieser Minute. Wo denkt Ihr
hin, erwiderte Martiniere, mein Fräulein wollt Ihr sprechen
mitten in der Nacht? Wißt Ihr denn nicht, daß sie längst
schläft, und daß ich sie um keinen Preis wecken werde
aus dem ersten süßesten Schlummer, dessen sie in ihren
Jahren wohl bedarf. Ich weiß, sprach der Untenstehende,
ich weiß, daß Euer Fräulein soeben das Manuskript ihres
Romans, Clelia geheißen, an dem sie rastlos arbeitet, bei-
seite gelegt hat und jetzt einige Verse aufschreibt, die sie
morgen bei der Marquise de Maintenon vorzulegen ge-
denkt. Ich beschwöre Euch, Frau Martiniere, habt die
Barmherzigkeit und öffnet mir die Türe. Wißt, daß es dar-
auf ankommt, einen Unglücklichen vom Verderben zu ret-
ten, wißt, daß Ehre, Freiheit, ja das Leben eines Men-
schen abhängt von dem Augenblick, in dem ich Euer Fräu-
lein sprechen muß. Bedenkt, daß Eurer Gebieterin Zorn
ewig auf Euch lasten würde, wenn Sie erführe, daß Ihr es
waret, die den Unglücklichen, welcher kam, ihre Hilfe zu
erflehen, hartherzig von der Türe wieset. Aber warum
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sprecht Ihr denn meines Fräuleins Mitleid an in dieser un-
gewöhnlichen Stunde, kommt morgen zu guter Zeit wie-
der, so sprach die Martiniere herab; da erwiderte der un-
ten: Kehrt sich denn das Schicksal, wenn es verderbend
wie der tötende Blitz einschlägt, an Zeit und Stunde? Darf,
wenn nur ein Augenblick Rettung noch möglich ist, die Hil-
fe aufgeschoben werden? öffnet mir die Türe, fürchtet
doch nur nichts von einem Elenden, der schutzlos, verlas-
sen von aller Welt, verfolgt, bedrängt von einem ungeheu-
ren Geschick Euer Fräulein um Rettung anflehen will aus
drohender Gefahr! Die Martiniere vernahm, wie der Unten-
stehende bei diesen Worten vor tiefem Schmerz stöhnte
und schluchzte; dabei war der Ton von seiner Stimme der
eines Jünglings, sanft und eindringend tief in die Brust. Sie
fühlte sich im Innersten bewegt, ohne sich weiter lange zu
besinnen, holte sie die Schlüssel herbei.
Sowie sie die Türe kaum geöffnet, drängte sich ungestüm
die in den Mantel gehüllte Gestalt hinein und rief, an der
Martiniere vorbeischreitend in den Flur, mit wilder Stimme:
Führt mich zu Eurem Fräulein! Erschrocken hob die Marti-
niere den Leuchter in die Höhe, und der Kerzenschimmer
fiel in ein todbleiches, furchtbar entstelltes Jünglingsantlitz.
Vor Schrecken hätte die Martiniere zu Boden sinken mö-
gen, als nun der Mensch den Mantel auseinanderschlug
und der blanke Griff eines Stiletts aus dem Brustlatz her-
vorragte. Es blitzte der Mensch sie an mit funkelnden Au-
gen und rief noch wilder als zuvor: Führt mich zu Eurem
Fräulein, sage ich Euch! Nun sah die Martiniere ihr Fräu-
lein in der dringendsten Gefahr, alle Liebe zu der teuren
Herrschaft, in der sie zugleich die fromme, treue Mutter
ehrte, flammte stärker auf im Innern und erzeugte einen
Mut, dessen sie wohl selbst sich nicht fähig geglaubt hätte.
Sie warf die Türe ihres Gemachs, die sie offen gelassen,
schnell zu, trat vor dieselbe und sprach stark und fest: In
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der Tat, Euer tolles Betragen hier im Hause paßt schlecht
zu Euren kläglichen Worten da draußen, die, wie ich nun
wohl merke, mein Mitleiden sehr zu unrechter Zeit erweckt
haben. Mein Fräulein sollt und werdet Ihr jetzt nicht spre-
chen. Habt Ihr nichts Böses im Sinn, dürft Ihr den Tag
nicht scheuen, so kommt morgen wieder und bringt Eure
Sache an! – Jetzt schert Euch aus dem Hause! Der
Mensch stieß einen dumpfen Seufzer aus, blickte die Mar-
tiniere starr an mit entsetzlichem Blick und griff nach dem
Stilett. Die Martiniere befahl im stillen ihre Seele dem
Herrn, doch blieb sie standhaft, und sah dem Menschen
keck ins Auge, indem sie sich fester an die Türe des Ge-
machs drückte, durch welches der Mensch gehen mußte,
um zu dem Fräulein zu gelangen. Laßt mich zu Eurem
Fräulein, sage ich Euch, rief der Mensch nochmals. Tut
was Ihr wollt, erwiderte die Martiniere, ich weiche nicht von
diesem Platz, vollendet nur die böse Tat, die Ihr begon-
nen, auch Ihr werdet den schmachvollen Tod finden auf
dem Greveplatz, wie Eure verruchten Spießgesellen. Ha,
schrie der Mensch auf, Ihr habt recht, la Martiniere! ich se-
he aus, ich bin bewaffnet wie ein verruchter Räuber und
Mörder, aber meine Spießgesellen sind nicht gerichtet,
sind nicht gerichtet! – Und damit zog er, giftige Blicke
schießend auf die zum Tode geängstigte Frau, das Stilett
heraus. Jesus! rief sie, den Todesstoß erwartend, aber in
dem Augenblick ließ sich auf der Straße das Geklirr von
Waffen, der Huftritt von Pferden hören. Die Marechaussee
– die Marechaussee. Hilfe, Hilfe! schrie die Martiniere.
Entsetzliches Weib, du willst mein Verderben – nun ist al-
les aus, alles aus! – nimm! – nimm; gib das dem Fräulein
heute noch – morgen wenn du willst – dies leise murmelnd
hatte der Mensch der Martiniere den Leuchter weggeris-
sen, die Kerzen verlöscht und ihr ein Kästchen in die Hän-
de gedrückt. Um deiner Seligkeit willen, gib das Kästchen
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